Nachhaltigkeit: Konsequent ökologische Druckfarben
„Konsequent ökologische Druckfarben“ sind bis heute eine Innovation. „earthCOLORS®“ heißen die Farben, die am Ende des Forschungs-Projekts „Entwicklung und Anwendung von konsequent ökologischen Druckfarben im Bogenoffset mit marktüblichen Qualitätsstandards“ einen fertigen Farbfächer zieren. KNOW!S sprach mit Dorothea Hess, einer Initiatorin der „earthCOLORS®“ über die inhaltliche Ausrichtung und den Sachstand des Projektes, das 1994 begann.
Fangen wir mit dem Nein an: Nein, es gibt noch keinen Hersteller für die „earthCOLORS®“. Ja, mit den „earthCOLORS®“ gibt es ökologische Druckfarben als Echtfarben für den sofortigen Einsatz auf jeder gängigen Bogenoffsetmaschine. Was sind konsequent ökologische Druckfarben eigentlich? Initiatorin Dorothea Hess beschreibt die Idee hinter der Farbentwicklung so: „Wir haben die Druckfarben konsequent ökologische Druckfarben genannt, weil wir nicht nur im Bindemittel-Bereich das Erdöl substituiert haben, was in verschiedenen Bereichen auch heute Druckfarben-Hersteller tun, sondern wir haben auch die Pigmente substituiert. Die „earthCOLORS®“ enthalten keine Pigmente aus der Petro- und Chlor-Chemie. Die Pigmente erfüllen die Standards vieler Ökolabels. Das war und ist bis heute die Innovation.“
Dorothea Hess
1974 Abschluss als Diplom-Designerin an der FH-Niederrhein. 1976 gründete sie gemeinsam mit ihrem Mann „hessnatur“, einen Versandhandel für naturgemäße Waren und eröffnete 1982 ihr eigenes Designbüro mit dem Fokus auf Life Cycle Design. 1994 begann das kooperative Forschungsprojekt zu den „earthCOLORS®“, Seit 2007 ist Dorothea Hess Dozentin an der ecosign, Köln und entwickelte 2008 mit der Arbeitsgruppe Design & Nachhaltigkeit in der Allianz Deutscher Designer die „Charta für nachhaltiges Design“. Sie übt ferner Beirats- und Jurytätigkeit aus und wurde in den Projektbeirat des „Bundespreis Ecodesign” berufen. Ihre Arbeiten und ihr Büro wurden mehrfach ausgezeichnet. www.hessdesign.de
Designerin Dorothea Hess, die 1974 an der FH Niederrhein als Diplom-Designerin abgeschlossen hat, unterrichtet als Gastdozentin über ökologische Druckfarben an der ecosign Akademie für Gestaltung in Köln. Zudem arbeitet Hess in ihrem eigenen Designbüro und hat 1976 das Versandunternehmen „hessnatur“ gemeinsam mit ihrem Mann Heinz Hess gegründet. 1994 begann mit der Kooperation von Borgmann-Hess-Ponn das Forschungsprojekt zu den „earthCOLORS®“. Den Impuls setzte eine Diplomarbeit aus Hannover, die sich mit Abfällen aus dem Textildruck befasste und deren ungefilterten Ableitung in die Kanalisation. Eine Studie von Greenpeace im Jahr 1991, die aufzeigte, wie viele problematische Stoffe in Druckfarben enthalten waren, inspirierte Hess, sich mit dem Thema ökologische Druckfarben auseinanderzusetzen.
Man begrenzte das Forschungsprojekt auf den Bogenoffset, weil dies die am meisten verbreitetste und bekannte Druckart unter Designern ist und wurde von der deutschen Bundesstiftung Umwelt maßgeblich gefördert.
Echtfarben
Die „earthCOLORS®“ sind Echtfarben. Das ist in einer Zeit, in der aus Rationalisierungsgründen am liebsten Farben des Spektrums CMYK eingesetzt werden, ein Manko. Denn Echtfarben ziehen ein aufwendigeres Reinigen der Druckmaschinen nach jedem Farbwechsel nach sich. Das Engagement, einen Farbhersteller, der die Farben in Serie produziert, zu gewinnen, besteht weiterhin. Ein Killerargument der Farbhersteller bislang war, es gebe keine Anwender. Das verwundert insofern, als dass Nachhaltigkeit, ökonomisches und ökologisches Wirtschaften bei vielen Unternehmen weit oben auf der Agenda stehen. Bedenkt man alleine den Markt für Nachhaltigkeitsberichte, Werbematerialien für ökologisch tickende Verbände, Handel und Unternehmen, die sich in den letzten Jahren etabliert haben, steigt die Verwunderung an. Dazu kommt noch der Imagegewinn, den Unternehmen davon tragen könnten. Hess sieht langfristig Chancen für die „earthCOLORS®“ durch die Verknappung des Erdöls, damit verbunden steigenden Kosten für die traditionellen Farben und eine zunehmende Veränderung von Denkstilen und Verhaltensweisen.
Herausforderung und Chance in der Beschränkung
Echtfarben bedeuten neben der Beschränkung im Druck, auch ein anderes Design. Denn das Farbspektrum ist eingeschränkt. So gibt es etwa kein leuchtendes Rot, sondern eine ganz eigene Farbpalette mit matten Tönen. Aber gerade diese Begrenzung bietet die Chance, Qualität und eine neue Ästhetik zu formulieren und damit für Unterscheidbarkeit in ausdifferenzierten Märkten zu sorgen. Dies, so Hess, hätten immer wieder Studentenprojekte gezeigt, bei denen junge Designerinnen und Designer mit dem Farbspektrum der „earthCOLORS®“ experimentiert und gestaltet haben. Die „earthCOLORS®“ haben einen Farbumfang von sechs Grundfarben, aus denen sich ein Farbfächer mit 19 Farben entwickeln ließ. Gerade die Tatsache, dass die Farben nicht so grell und leuchtend sind, wird von den Designern als besondere Qualität empfunden. Dorothea Hess plädiert für eine Koexistenz von herkömmlichen Druckfarben und „earthCOLORS®“.
Sie will sensibilisieren, sich im Printbereich mit dem Thema Druckfarben bewusster auseinanderzusetzen: „Will ich Feuerwehrrot drucken, dann habe ich die ökologische Problematik mit den klassischen Druckfarben, würde ich mit den „earthCOLORS®“ z.B. Terra drucken, gewinne ich an Qualität wie Humanverträglichkeit, Umweltvertäglichkeit und Bodenverträglichkeit.“
Viele erfolgreiche Tests
Das Produkt „earthCOLORS®“ sei serienreif, so die klare und unmissverständliche Aussage von Dorothea Hess. Man habe viele Tests auf den unterschiedlichsten Druckmaschinen, bis hin zur DIN A1- Maschine absolviert. Von kleinen Drucken, bis zu hohen Auflagen, Kartonagen oder dünnen Papieren, alle jedoch ungestrichene Naturpapiere oder Recyclingpapier – womit ein schlüssiges Gesamtkonzept mit den „earthCOLORS®“ überzeugt.
Die Farben hätten in jedem Fall bewiesen, dass sie den technischen Anforderungen an moderne Druckfarben gerecht werden, so Hess, die in ihrem Designbüro Interessierten eine breite Palette an Belegexemplaren zeigen kann. Das Projekt „earthCOLORS®“ hat auch schon viele Preise und Auszeichnungen eingeheimst, unter anderem vom Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie, und als UN-Dekade-Projekt „Bildung und Nachhaltigkeit“.
Die „earthCOLORS®“ sind für eine industrielle Fertigung geschaffen, die es noch zu etablieren gilt. Um die Vorbehalte abzubauen und eine Bresche für die sanfte Chemie zu schlagen, erarbeitet Hess immer wieder gemeinsam mit ihren Studenten überzeugende Arbeiten zu Themen wie produktintegriertem Umweltschutz, Green Communications oder anderen zukunftsweisenden Themen zu „Life Cycle Design“.