20 Jahre Schaffrath Digital Medien – Was wichtig ist und wird
Schaffrath Medien lud heute auf Schloss Haag und feierte 20 Jahre Schaffrath DigitalMedien. Viel interessanten Input gab es in den Fachvorträgen rund um die Medienproduktion. Nur kurz blickte man zurück, bevor die aktuellen Fragen zu Kommunkation, Psychologie, Arbeitsprozessen oder Reputation intensiv diskutiert wurden.
Mit einem Rückblick auf das Webdesign aus dem Jahr 1995 begann Alexander Hornen, Geschäftsführer Schaffrath DigitalMedien seine Begrüßung und erntete damit die ersten Ahs und Ohs. Das einmal Klingeltöne und Logos für Handys ein Geschäftsmodell waren, scheint heute in der Zeit der Smartphones fast nicht mehr vorstellbar. Das es ohne Mobile nicht mehr gehen wird, zeigte Hornen eindringlich auf und machte darauf aufmerksam, dass Google am 5. Mai 2015 erklärte, dass man mittlerweile mehr Suchanfragen von mobilen Endgeräte erhalte, als von Desktop-Geräten. Scrollytelling als Fortsezung des Storytellings, User Experience, die Flexibilität durch die Mehrkanaligkeit und agile Prozesse seien aktuelle Zukunftsthemen, die die Medienbranche bewegen würden, prognostizierte Hornen, bevor die Fachvorträge begannen.
Unsere Beziehungen
Professor Dr. Joost van Treeck, Studiendekan und Kundenbeziehungstherapeut an der Hochschule Fresenius Hamburg, begann bei den Kundebeziehungen von Tante Emma. Dann führte er mit eindringlichen Beispielen vor, wie unscharf Zielgruppenanalysen seien und auch die Einordnung von Zielgruppen in soziale Millieus heute nicht mehr funktionierten. Nach standardisierten Zielgruppenbeschreibungen, wie Alter, Geburtsland, Vermögen und Ehestatus liegen laut van Treeck etwa Ozzy Osbourne und Prinz Charles in der gleichen Zielgruppe. Häufig führten Unternehmen gar keinen Dialog mit ihren Kunden, sondern kommunizierten nur in eine Richtung. Joost van Treeck definiert 14 Möglichkeiten von Beziehungen, die Menschen zueinander einnehmen können. Wie etwa Ehe, WG, alte Freunde, Freunde, Flirt, Affäre oder Freier und Prostituierte, um nur einige zu nennen. Dazu ordnete der Psychologe Unternehmen zu und wie sie mit Ihren Kunden agierten. Schlüssig war etwa, dass Apple vor allem den Fan und Idolstatus nutze und VW auf Familienbande setze. Van Treeck machte darauf aufmerksam, dass diese Beziehungen nie statisch seien, sondern durchlässig und Bewegungen zuließen. Auch seine Ausführungen zur Loyalität von Kunden ließen aufhorchen. Eine Kunde sei dann loyal, wenn er etwa trotz Verstimmung an Produkten oder Dienstleistungen festhalte und dem Unternehmen oder der Marke die Treue halte.
Agiles Publishing
Georg Obermayr stellte Wasserfallprozesse mit festen Ablaufregeln gegen Agiles Publishing vor. Seine Botschaft für die Produktion von Medien ist, sich mit agilen Prozessen auseinanderzusetzen und die Prozesskette, mit der Medien produziert werden, zu optimieren. Also nicht mehr nur in Lastenheften und Excel-Dateien zu denken. Teams, die zusammenarbeiten müssen, an einem Ort zusammenzubringen, anstatt sie in ihren einzelnen Räumen vor sich hinarbeiten zu lassen. So steige die Kollaboration, also die Zusammenarbeit, Planning Poker helfe, Zeitbudgets besser zu definieren und Stand up Meetings von 15 Minuten optimierten die Kommunikation innerhalb des Teams. Hier sollte allerdings der Chef nicht dabei sein, damit dieses Meeting nicht zum Reporting verkomme. Klare Worte fand Obermayr zur Frage „Print first oder Online First?“ Er nannte es „Bullshit“ oder „Schmarrn“. Für ihn gilt „Story first!“
Viele Rechtsfragen
Rechtsanwalt Christian Solmecke führte durch die rechtlichen Fallstricke von „www“ und Social Media. Zum einen, wie man Urheberrechtsverletzungen vermeide, der Impressumspflicht richtig nachkomme und welche lizenzrechtlichen Fragen beim Spiel mit Facebook, You Tube und Co. zu beachten sind. Zum anderen aber auch, was passiert, wenn man etwa gegen die Regeln von Facebook verstößt und wie man an das Unternehmen rankomme, das mit Telefonnummern sparsam umgehe. Aber auch Themen aus dem Arbeits- oder Wettbewerbsrecht wurden angesprochen. So etwa der Fall, wenn man seinen Facebookkanal dazu nutzt, um über seinen Arbeitgeber vom Leder zu ziehen.
Ohne Reputation im Netz geht es nicht
Reputationsmanagement war das Thema von Christian Scherg, der Vorstandsvorsitzende der Revolvermänner AG. Reputation im Netz ist laut Scherg wichtig, in einer Zeit in der die meisten Menschen eine Suchmaschine bemühen, bevor sie sich mit jemand Neuem treffen. Also den Namen googlen – privat wie beruflich. Es helfe auch nichts, sich dem Web zu verweigern, denn das Web werde dennoch über Person, Unternehmen, Marke oder Produkt sprechen. Scherg: „Ob Sie mitmachen oder nicht, es wird über sie gesprochen.“ Am Beispiel der Debatte um den früheren FDP-Vorsitzenden Rainer Brüderle zeigte Scherg auf, wie sich im Netz nach dem „Stern“-Artikel aus dem Hashtag „#Aufschrei“ eine monatelange Medienstory entwickelte. Wie man richtig und manchmal auch gelassen in der Krisenkommunikation reagiert oder mit Kritik auf Facebook umgeht, wurde zudem erörtert. Es nütze nichts, so Scherg, auf Facebook Texte zu posten, wie: „Leute, die Seite ist echt nicht der geeignete Platz für Beschwerden und Kundenanliegen.“ Daran würden sich die User nicht halten. Hier müsse man moderieren und wenn etwas schief laufe, könne ein Video nützen, in dem man sich entschuldigt und erklärt, was man in Zukunft besser machen wird. Auch der Umgang mit Wikipedia war Thema. In diesen investigativen Zeiten lohne sich Lügen nicht, vor allem nicht in der Krisenkommunikation. Es gelte, sich Spielräume in der Kommunikation zu erhalten, so Experte Scherg. Vor allem der rechtliche Umgang mit dem Internet und das Reputationsmanagement führten zu intensiven Diskussionen unter den rund 70 Besuchern der Jubiläumsfeier.
Wie Innovation heute entsteht
Vanessa Meister von Futurecandy aus Hamburg sorgte für einen Stau am Probiertisch. Denn dort lagen ganz besondere Brillen von Google: Zwei Google Glasses konnten getestet werden und eine Brille die virtuelle Realität abbildet: Ein Flug. Meister sprach über Innovationen die im Jahr 2020 kommen, aktuelle Trends 2015 und wie man Innovationen schaffen kann. Und über die Unterschiede zwischen den USA und Deutschland. Es gebe viele Probleme die noch nicht gelöst seien und die auf Innovationen warteten, daher sollte man im ersten Step nicht nur an das Verkaufen denken. Man müsse heute neue Wege gehen um Innovationen marktfähig zu bekommen. Nicht den langen Weg, nach dem System „The Golden Idea Trap“, die in Europa noch weit verbreitet sei. Also aus großen Ideen am Ende durch Marktforschungen und ewige Schleifen in der Entwicklung kleine Lösungen schaffen. In der digitalen Welt gehe es auch um Schnelligkeit. In den USA gehe man schon länger einen neuen Weg: Nach der Idee komme der Prototyp, der auch schon im Markt getestet und durch Marketing vorangetrieben werde. Mit dem Feedback aus dem Markt, werde das Produkt vorangetrieben und dann die Marktbasis über weiteres Marketing verbreitert. Und noch eines sei wichtig: Innovatoren müssten von ihrer eigenen Idee überzeugt sein. Meister hatte dafür den treffenden Spruch: „Eat your own dog food“. Aktuelle Innovationen gingen mit Smart Home, oder interaktiven Glasflächen einher. Das Mobile stehe absolut im Fokus. Wearables, Roboter, Medien und Spiele jederzeit an jedem Ort, Gadgets mit personalisierten Inhalten in allen Lebensbereichen und ein steigender Medienkonsum sind Vorraussagen der Trendforscherin. Auch das Magazin und die Zeitung werden interaktiv. Meister beschwor die Anwesenden: „Technologie ist unser Freund.“ Ein schöner Abschlusssatz für einen spannenden Tag, an dem das Jubiläum von 20 Jahren Schaffrath Digital Medien gefeiert wird.