dmexco Report 2014: Der Input der Top Speaker
Die digitale Welt pilgert nach Köln. Schon um 10 Uhr morgens am ersten Tag der dmexco 2014 herrschte Megatrubel rund um den Eingang Nord der Kölnmesse. Dicke Trauben standen an den Eingängen und Registrierungsschaltern. Größer, mehr Aussteller und am Ende sicher mehr als 30.000 Besucher, das deutete sich heute schon auf der dmexco 2014 an. Hochkarätige Referenten dominierten Debate Hall und Congress Hall, darunter Martin Ott, Managing Director Facebook Northern Europe, Andreas Schoo, Vorstand Bauer Media Group, Dr. Christian Wegner aus dem Vorstand der ProSiebenSat.1 Media AG, Brad Rencher, SVP und General Manager Digital Marketing von Adobe, Philipp Justus, Managing Director DACH Google oder Kirk Perry, Präsident Brand Solution Google. KNOW!S dokumentiert die wichtigsten Thesen aus der Congress Hall der dmexco 2014.
Das „Internet of Everything“
Das „Internet of Everything“ oder das Netz der Dinge ist mit riesigen Schritten im Anmarsch. Spätestens seit gestern Nacht, als Apple seine Cupertino Show weltweit auf allen Kanälen sendete – wenn auch mit kleinen Unterbrechungen – dürfte dies auch dem letzten Zweifler klar sein. Schon in der ersten Diskussionsrunde stellten sich Rob Norman, Global Chief Digital Officer der groupm, David Shing, Digital Prophet von AOL und Rishad Tobaccowala, Chief Strategy & Innovation Officer von vivaki diesem Thema. Rob Norman begeisterte, dass sich Apple wieder der Frage nach der Uhr stelle, nachdem die Menschheit gelernt habe, dass die Zeit jetzt doch auf dem Mobilphone abgelesen wird. Das Panel stimmte überein, dass das Internet of Everything, neue Marketing- und Kommunikationsmöglichkeiten biete. So werde die Waschmaschine der Zukunft auch gleich Waschtipps für die Buntwäsche bereithalten und dadurch offen für Marketing werden. Rishad Tobaccowala nannte Apple ein Technologie- UND Fashion-Unternehmen. David Shing stimmte ihm zu und war sich sicher, dass sich die smarte Uhr durchsetzen werde. Das Smartphone falle immer aus der Jeanshosentasche und das sei unpraktischer als Dinge, die man am Körper befestigen könne, begründet Shing sein Plädoyer für die Wearables.
Konzentration auf den Konsumenten und User
Für Marken und Medien werde es wichtig, dem fragmentierten Nutzerverhalten in der Bevölkerung mit einer klaren Strategie zu begegnen: Konzentration auf den Konsumenten und nicht so sehr auf die Geräte oder Screens. Die traditionellen Medienmarken werden zu mobilen Medienmarken transformiert werden, ist sich Scott Ferber sicher. Shing sieht dazu Effizienz als Schlüssel zum Erfolg, denn die schnelle Analyse durch Tools und Automation werden die Medienwelt der Zukunft bestimmen. Rob Norman gab zu bedenken, dass sich Branchen unterschiedlich schnell bewegen und auch die digitale Topographie der Welt nicht außer Acht gelassen werden darf. Wenn datenintensive Videos an Orten der Welt eingesetzt würden, wo nur eine minimalistische Infrastruktur vorhanden sei, so wäre das ein Fehler. Ferber bescheinigte allerdings der Bild/Textanzeige am wenigsten emotional und digital zu sein.
Rishad Tobaccowala definierte vier P´s als Zukunftsthemen für Erfolg in der digitalen Welt: Plattform, Partner, Prozess und People. Es würden neue Plattformen entstehen, vor allem in Asien. In den Prozessen müsse man sich auf Selbstvermarktung einstellen und beim Faktor People darauf achten, wen man anspreche. So würden Wohlhabende nur zu 10 Prozent für Werbung empfänglich sein. Das Fazit von Tobaccowala: „Wenn wir nur über Bits and Bytes sprechen, verlieren wir den Plan.“
„The Great Cologne Summit: Map the Future!“
Dr. Manfred Kluge, CEO von OMD Deutschland, stellte Teile der Studie „Map the Future“ vor, die im Oktober vollständig erscheinen wird. Das Real Time Marketing, Automatisierung und das Web of Things sind auch hier die Megathemen. Die Studie befragt 40 Top-Experten aus dem Medienbereich, erschließt 50 Datenquellen und befragt rund 1.000 Konsumenten. Man könne in der digitalen Welt maximal 3-5 Jahre in die Zukunft blicken, resümiert Kluge. In diesem Zeitraum werde der digitale Showroom, der immer On ist, für Marken immer wichtiger, ohne das der analoge Shop ein Auslaufmodell sei. Megatrends in den kommenden Jahren seien Content, Kontext, Kreativität, Kuratieren und Kooperation, sowie Multichannel und Multiexperience. Bei der Beurteilung von Anzeigen im digitalen Umfeld sieht Kluge das „Eyeball Tracking“ als Zukunft vor der reinen Beurteilung durch Click-Raten.
Andreas Schoo, Vorstand Bauer Media Group, bescheinigt Print, immer noch ein profitables Business zu sein. Entgegen der Totengräberstimmung und Larmoyanz würden am Ende Verlage gestärkt aus der Krise gehen. Man engagiere sich im Digitalgeschäft durch die Unterstützung von Startups europaweit. In New York werde in Kürze der neue Auftritt von „In Touch“ gelauncht und der Relaunch von „Bravo.de“ sei eine Rieseninvestition gewesen. Schoo ist sich sicher, dass man damit bei den jungen Menschen wieder ganz nach vorne komme.
Martin Ott, beschrieb die aktuellen Facebook-Trends. Die User verbringen demnach mehr Facebook-Zeit via Handy. 70 Prozent der Facebook-User in Deutschland seien jeden Tag auf dem Social-Media-Portal mit ihrem Mobiltelefon unterwegs. Das Smartphone löse den Fernseher als Leitmedium ab. Die User verbrächten allgemein mehr Zeit bei Facebook und nutzten stärker Inhalte wie den Newsfeed. Zu WhatsApp wollte sich Ott nicht äußern, weil der Deal noch nicht abgeschlossen und Facebook ein börsennotiertes Unternehmen sei.
Dr. Christian Wegner, ProSiebenSat.1 Media AG, sieht das Fernsehen als Treiber des Branding und für den Abverkauf und sieht für das Free-TV in Deutschland eine starke Zukunft. Das Geschäft sei stabil und die Reichweite hoch. Trend seien Multiscreens auf allen Geräten und damit eine Verbreiterung der Reichweite, den Second Screen, der Online verlinkt und die Adressierbarkeit an Personen, die Fernsehen sehen. Vor allem im regionalen TV sieht Wegner ein großes Potenzial. Auch die neuen Online-Stars aus YouTube – also die Raabs der Online-Welt – will Wegener ins klassische TV-Format überführen. Zudem betreibe man 360 Grad E-Commerce und könne durch die Verbindung mit den TV-Formaten die Vermarktung vorantreiben. Dazu nutze man besonders die Restzeiten.
Der BVDW-Präsident Matthias Ehrlich glaubt, dass das Internet der Dinge eine Welt schaffen werde, die wir uns heute noch nicht vorstellen können. Marketer und Medien müssten auf Qualität und nicht auf kurzfristige Effekte achten. Ein Horn in das auch Kluge stößt. Wenn Menschen 24 Stunden online seien, dürfe man sie nicht zumüllen, sondern muss Mehrwerte und Information statt platter Botschaften anbieten.
„Nerd is the New Black“
Seine Keynote begann Brad Rencher von Adobe mit der These „We love what disrupts“ – also das, was störend in unser Leben eingreift und sich dann zum Positiven wendet. Vor allem Generalisten seien in der Lage, diese Störungen zu entdecken und zu handeln, so Rencher. Big Data werde nur dann etwas bringen, wenn man damit etwas Sinnvolles tue. Real Time Enterprise und die Datenoptimierung seien die aktuellen Herausforderungen.
Google und die Welt der Dinge
Philipp Justus zeigte den unterschiedlichen Zugang zu Wissen auf der Welt auf und die Trends, die man derzeit in der Produktentwicklung bei Google verfolge. Drei Trend-Punkte nannte Justus bei der Suchfunktion: „Answer, Voice und Anticipate“. Die mobilen Geräte sollen auf gesprochene Fragen Antworten geben, weil das Eintippen zu umständlich sei. So weit, so bekannt. Google will noch einen Schritt weiter gehen. Google Now soll eine Antwort geben, bevor man gefragt hat. Also Wissen per Sprachbefehl.
Die Vernetzung aller Geräte sei ein weiterer Schwerpunkt, so Justus. Vom Laptop über Android Wear und Smartphone bis hin zum Android-Auto soll der Nutzer immer die gleichen Inhalte angezeigt bekommen. Das Smartphone soll die Fernbedienung ersetzen und sich mit dem Smart-TV verbinden. Besondere Aufmerksamkeit erhielt Justus für die „Self Driving Cars“. Google will beim Autofahren die menschlichen Fehler eliminieren. Die ersten Versuchsmodelle kommen ohne Lenkrad aus. Google wolle das Leben der Menschen besser machen, so Justus, der sich wünscht, dass es in Deutschland weniger Techno- und Googlephobia gebe. Er wünsche sich eine offene Diskussion über die Chancen digitaler Techniken und Ideen. Deutschland ist kein Testland für Google Glass, weil erst die Frage, wie die Privatsphäre zu schützen sei, geklärt werden müsse. Die Neuigkeiten von Apple aus Cupertino wertete Justus positiv, weil es die Diskussion um die Weareables vorantreibe.
Kirk Perry, Präsident Brand Solution bei Google, sprach sich für mehr echtes digitales Marketing und Markenbildung aus. Echte Mehrwerte, durchaus auch in der Verbindung mit Print, echte und gute Ideen und Passung seien der Schlüssel zum Erfolg. Als Beispiel zeigte Perry ein Video aus Brasilien von Nivea. Dort können Eltern ihrem Nachwuchs an der Copa Cabana Batches um die Hand binden, die auf Printanzeigen aufgeklebt sind. Läuft das Kind über den Strand, können die Eltern via App den Radius einstellen in dem sich der Nachwuchs bewegen kann. Bewegt sich das Kind außerhalb dieses Radius, dann gibt es einen Warnton auf dem Mobiltelefon. Also echter Mehrwert, durch die digitale Anwendung. Konsistente Kommunikation zum Konsumenten, kein Marketingsplit zwischen den Disziplinen und die Organisation von Medien und Kampagnen rund um den Menschen und nicht den Bildschirm, sind Perry´s gute Ratschläge.
Das diesjährige Motto „Entering new Dimensions“ gilt auch für die dmexco selbst – dies war bereits am ersten Tag der dmexco 2014 deutlich zu spüren: Mit einer neuen Ausstellerbestmarke von 807 Ausstellern aus aller Welt in drei komplett gefüllten Hallen und mehr als 470 Speakern auf internationalem Level startete die sechste dmexco. Als Leistungsshow der globalen Digitalwirtschaft steht sie noch bis morgen im Zentrum einer neuen digitalen Ökonomie, die für sämtliche Bereiche von Marketing, Media und Konsumentenkommunikation zunehmend Relevanz entwickelt: die „Digiconomy“.
Wachstumsprognose für den digitalen Display-Werbemarkt
Der Online-Vermarkterkreis (OVK) im BVDW veröffentlicht heute seine aktuelle Wachstumsprognose für den digitalen Display-Werbemarkt für das Gesamtjahr 2014. Demnach belaufen sich die Werbeumsatzerwartungen für die Segmente Online und Mobile auf insgesamt knapp über 1,4 Milliarden Euro Nettovolumen (1,409 Mrd. Euro). Damit ist Digital nicht nur erneut die am stärksten wachsende Gattung mit einem deutlichen Wachstumsvorsprung vor allen klassischen Medien, sondern rückt mit 25,5 Prozent Anteil am Gesamtwerbemarkt (Display-Werbung und Suchwortvermarktung) auch weiter an TV heran. Sämtliche Zahlen zum digitalen Display-Werbemarkt einschließlich der Online- und Mobile-Werbestatistiken und der aktuellen Wachstumsprognose für 2014 sind ab sofort als OVK Online-Report 2014/02 und MAC Mobile Report 2014/02 unter www.bvdw.org und www.ovk.de erhältlich.
Alle Infos zur Leitmesse für die digitale Wirtschaft in Köln >