»Veränderung durch künstliche Intelligenz: Was sagt das Urheberrecht?« Der breite Einsatz von Large Language Models und generativen künstlichen Intelligenzen (KI) wie ChatGPT oder Midjourney zeigt einen Paradigmenwechsel an. Sowohl im Verbraucherals auch Unternehmerbereich wird stetig weiter geforscht und exponentiell weiterentwickelt. Doch wo generiert wird, fallen rechtliche Späne: Wie steht es eigentlich mit dem Urheberrecht? Habe ich ein Urheberrecht an generierten Inhalten? Ob und inwieweit dem Nutzer eines KISystems auch ein Urheberrecht am generierten Inhalt zukommt, lässt sich nicht einheitlich beantworten. Die KI kann – da sie kein Mensch ist – jedenfalls kein Urheber im Sinne des Urheberrechtsgesetzes (UrhG) sein. Der Nutzer ist es aber auch nicht – jedenfalls solange man das Werk nicht als »Schöpfung« i.S.d. § 2 Abs. 2 UrhG sehen kann und seinen eigenen Beitrag durch die Steuerung der KI als kreativ genug. KI-Systeme erlernen aus Unmengen eingespeister Trainingsdaten Muster und Konzepte und können diese dann in Verbindung mit den Eingaben des Benutzers »anwenden« und daraus einen neuen Datensatz generieren, der als Bild oder als Text für den Menschen begreifbar wird. Es ist damit im Grunde ein offenes Werkzeug für die Schaffung von etwas Neuem, aber damit noch kein Garant für eine »Schöpfung« im Sinne des Urheberrechts. Dafür muss ein »geistiger, schöpferischer Gestaltungsprozess« vorliegen. Viele Experten gehen deshalb davon aus, dass bei einer eher »geistlosen« Eingabe zwar etwas Sichtbares hervorkommen mag, aber die benötigte Schöpfungshöhe nicht erreicht ist. Erst bei einem intensiveren Schaffungsprozess, bei dem ein Nutzer komplexe und besonders präzise Eingaben tätigt oder die Ergebnisse wiederholt überarbeitet, erkennen viele einen urheberrechtlichen Schutz an. Ansonsten ist das Werk ohne Urheber und damit theoretisch frei benutzbar, auch wenn die AGB der Plattformen dem jeweiligen Nutzer das Recht (vorsorglich) einräumen. Verletze ich mit dem generierten Ergebnis fremde Urheberrechte? KI-Systeme werden mit Werken Dritter trainiert, die größtenteils Urheberrechtsschutz genießen. Diese Verwertung ist aber in aller Regel »Data Mining« im Sinne des Urheberrechts und damit zu Analyse- und Forschungszwecken erlaubt. Die Anwendung der KI durch den End-User ist in diesem Sinne keine Verwertung der Ursprungswerke mehr, sondern eher eine Berechnung anhand der herausanalysierten Muster und Konzepte – das betrifft das Urheberrecht daher nicht mehr. Die Ursprungswerke können also ohne Lizenz ihrer ursprünglichen Urheber genutzt werden, um die KI zu trainieren und die aus der KI gewonnenen Ergebnisse zu verwerten. Das Urheberrecht kommt nur zur Anwendung, wenn das Ergebnis des KI-Prozesses zufällig sehr nah an einem geschützten Werk liegt. Wenn es nur den Stil eines anderen Werks imitiert, liegt hingegen keine Verletzung vor. Wenn aber bestimmte »eigentümliche« Merkmale vorkommen (konkrete Motive, einzigartige Formulierungen), kann das durchaus eine Urheberrechtsverletzung darstellen. Dann kommt es darauf an, ob im Einzelfall genügend Abstand zum Ursprungswerk besteht. Christian Solmeckeist Anwalt und gefragter Experte für Internet- und Medienrecht, Autor, ehemaliger Journalist und WDR-Moderator. RECHT§CHAFFEN – DIE RECHTSKOLUMNE – GESCHAFFT! 02.2023 · 23 KLUGES AUS DER BRANCHE
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