ENTSTEHEN Wir alle kennen Situationen, in denen Menschen so überzeugt von etwas sind, dass sie keine anderen Meinungen zulassen – obwohl diese objektiv betrachtet manchmal mindestens genauso berechtigt wären. Das Spektrum reicht von banalen Alltagsdingen wie der Überzeugung, dass der Lieblingsverein heute das Spiel gewinnen wird, bis hin zu Themen, die ganze Gesellschaften spalten – Verschwörungstheorien oder die Impfbereitschaft als Beispiel. Überzeugungen entspringen unserer Wahrnehmung eines vermeintlich »guten« oder »richtigen« Lebens und leiten uns zu einem bestimmten Handeln. Wer sehr überzeugt von etwas ist, hat häufig wenig Toleranz anderen Perspektiven oder Meinungen gegenüber. Überzeugungen sind sehr subjektiv – sie sind stark mit der Wahrnehmung einer einzelnen Person verknüpft und beeinflussen, wie wir unser Leben führen. Der Artikel zeigt, wie tückisch unsere beiden DenkweisenSystem 1undSystem 2uns manchmal hinters Licht führen. WIE ENTSTEHEN ÜBERZEUGUNGEN? Um die Entstehung von Überzeugungen zu verstehen, geben die über Jahrzehnte durchgeführten Untersuchungen des Psychologen und Nobelpreisträgers Daniel Kahnemann, zusammengeführt in seinem Buch»Schnelles Denken, langsames Denken«, eine spannende Perspektive. Kahnemann unterscheidet zwischen zwei kognitiven Systemen, die bei jedem Menschen vorhanden sind. System 1 ist das schnelle Denken, es arbeitet assoziativ, mühelos und unbewusst. System 2 impliziert das langsame Denken, es handelt überlegt, kontrolliert und ist mit bewussten Abwägungen für die Kontrolle zuständig. Im Zusammenspiel schickt System 1 dauernd Impulse an System 2 und fordert erst seine Hilfe, wenn es ratlos ist und auf etwas stößt, das seinem Weltbild widerfährt. Erst in diesem Moment setzt das bewusste Nachdenken durch System 2 ein. Das Zusammenspiel der beiden Systeme ist eine effiziente Arbeitsteilung, die uns vor Überforderung schützt. Werden die Eindrücke von System 1 durch System 2 unterstützt, werden sie zu Überzeugungen. Die spontanen Impulse von System 1 sind damit der Grundstein für das Entstehen von Überzeugungen. WELCHE IMPULSE SCHLÄGT EINE VERHALTENSÖKONOMISCHE PERSPEKTIVE WIE ABWÄGUNG REFLEXION EMO - T IO N ASSOZIATION UNBEWUSSTSEIN INTUITION ÜBERZEU 4
RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=